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Solarboom erfordert noch mehr Netzflexibilität

17.12.2024, 14:15 | Blog

Solarenergie boomt – in der Schweiz, in Europa und weltweit. Im Hinblick auf die Dekarbonisierung der Stromerzeugung ist diese Entwicklung ermutigend, birgt jedoch auch Herausforderungen für die Stromnetze und -preise. Die Notwendigkeit, das Energiesystem flexibler zu gestalten, steigt. Auch Alpiq erweitert ihr Flexibilitätsportfolio systematisch.

Allein in der EU überschritt die installierte Solarleistung 2018 die 100-Gigawatt-Grenze und lag Ende 2023 bei 269 Gigawatt. Die Leistung stieg dabei allein im vergangenen Jahr um 56 Gigawatt. Der europäische Solarverband SolarPower Europe prognostiziert einen anhaltenden Boom – wenngleich in etwas abgeschwächter Form. Im Hinblick auf die Dekarbonisierung der Stromerzeugung ist das zwar ermutigend, birgt jedoch auch Herausforderungen: Die Stromnetze halten mit dem Anstieg der Solarleistung nicht Schritt und die Strompreise in Zeiten hoher Solarerzeugung sind stark gefallen. Negative Strompreise sind keine Seltenheit mehr. 

Effiziente Integration 

Die Kapazitäten von Verteil- und Hochspannungsnetzen müssen ausgebaut werden, um die Erzeugungsspitzen an sonnigen Tagen aufnehmen zu können. Andernfalls bestünde die Gefahr teurer Stromausfälle aufgrund nicht absorbierbarer Stromüberschüsse, die sich erheblich auf Gesellschaft und Wirtschaft auswirken würden. Der Netzausbau kostet Milliarden, impliziert oftmals langwierige Genehmigungsverfahren und trifft auf gesellschaftlichen Widerstand – insbesondere im Fall von Hochspannungsleitungen. Die Marktsignale sind jedoch eindeutig: Wird zu viel Strom ohne entsprechende Nachfrage erzeugt, sinkt der Preis in den negativen Bereich. In diesem Jahr traten immer häufiger negative Preise auf. Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken, um die intermittierende Produktion besser in unser Stromsystem zu integrieren. 

Mehr Flexibilität, effizienteres Energiesystem 

Zu den vorhandenen Optimierungsoptionen zählen die Steigerung der Flexibilität des Energiesystems und die Laststeuerung durch Tarife, die den Stundenpreis von Strom widerspiegeln und so Anreize für die Erzeuger- und Verbraucherseite schaffen, ihre Produktion beziehungsweise Verbrauchsprofile anzupassen. Der Schlüssel dazu ist die Speicherung. Durch den Einsatz von Speichertechnologien können die für die Bewältigung der Spitzenlasten erforderlichen Netzerweiterungen reduziert oder zumindest verzögert werden. 

Bewährte Speicherlösung 

Dank der alpinen Topologie in der Schweiz können wir auf eine lange Tradition der Wasserspeicherung in Stauseen zurückblicken. In unseren Wasserkraftwerken können wir Wasser turbinieren, wenn Strom benötigt wird, und die Turbinierung stoppen, wenn genug Strom vorhanden ist. Pumpspeicherkraftwerke können überschüssigen Strom sogar aufnehmen, indem sie Wasser in den Stausee pumpen und dort temporär speichern; so helfen sie, das Stromsystem zu stabilisieren. Pumpspeicherkraftwerke sind schnell einsetzbar, können von Pump- auf Turbinenbetrieb wechseln und, im Gegensatz zu anderen Technologien, grosse Strommengen aufnehmen. 

Batterien auf dem Vormarsch 

Der verstärkte Einsatz fluktuierender erneuerbarer Energie aus Solar- und Windkraft schafft Wachstumspotenziale für Batterieenergiespeichersysteme (BESS). Diese Systeme – von Speichersystemen in Kraftwerksgrösse bis hin zu Solarbatterien im Privathaushalt – zeichnen sich durch ihre schnelle Einsatzbereitschaft aus und können daher das Netz stabilisieren. Weltweit stieg die BESS-Kapazität 2023 um über 100 % und in der Schweiz um 73 %. Keine andere Energietechnologie verzeichnet ähnlich hohe Wachstumsraten. Und der Markt ist noch lange nicht erschöpft. In der Schweiz wird das neue Stromgesetz, das 2025 in Kraft treten wird, den Einsatz von BESS fördern. Intelligente Stromzähler und dynamische Stromtarife könnten zusätzliche Anreize für die marktorientierte Nutzung von Batteriespeichern in ganz Europa schaffen und so zu einer höheren Versorgungssicherheit beitragen. 

Die Energiewende erfordert Flexibilität. Wir können diese Integration unterstützen, indem wir unsere Expertise im Bereich flexible Erzeugung und Speicherung von Energie mit zusätzlichen Investitionen kombinieren.

Lukas Gresnigt, Leiter International bei Alpiq und Mitglied der Geschäftsleitung
Optimierung des Energieverbrauchs 

Auch E-Autos können als mobile Batteriespeicher fungieren. Um sicherzustellen, dass sie bei einem Stromüberschuss auf dem Markt geladen werden, sind Anreize in Form dynamischer Tarife erforderlich. Dynamische Tarife würden einen entscheidenden Beitrag zur Optimierung des Eigenverbrauchs der auf Haus-, Gewerbe- und Werksdächern erzeugten Solarenergie leisten, indem sie Solarkraft und Batteriesysteme kombinieren, anstatt die gesamte Produktion einzuspeisen. 

Um den Netzausbau zur Bewältigung der Spitzenlast weiter zu beschränken, könnten Massnahmen wie die Lastspitzenkappung ergriffen werden. In Zeiten von Spitzenlast würde die Einspeiseleistung der Solarsysteme auf 70 % begrenzt werden. In der Schweiz wurde die Rechtsgrundlage für die dynamische Lastspitzenkappung geschaffen und wird Anfang 2025 in Kraft treten. In Deutschland gibt es bereits eine Entschädigung für die Drosselung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. 

Flexibilität als strategische Säule 

Alpiq ist sich der Herausforderungen bewusst, die mit der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien zur Förderung der Energiewende einhergehen; wir konzentrieren uns daher auf die Investition in die flexible Erzeugung und Speicherung von Energie. Mit unserem hochflexiblen Kraftwerksportfolio in der Schweiz, Spanien, Italien und Ungarn erleichtern wir die Integration der fluktuierenden Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und tragen so zur Versorgungssicherheit bei. In der Schweiz beispielsweise können die leistungsstarken Pumpspeicherkraftwerke Nant de Drance und Hongrin-Léman sofort auf Veränderungen in Nachfrage und Produktion reagieren. Im Kraftwerk Nant de Drance wird bei einem Stromüberschuss Wasser aus dem Stausee Emosson in den höher gelegenen Stausee Vieux Emosson gepumpt; im Kraftwerk Hongrin-Léman wird Wasser aus dem Genfersee in den Hongrin-Stausee hochgepumpt. 

Partnerschaften und Synergien 

Auch Alpiq erweitert ihr Flexibilitätsportfolio mithilfe von BESS systematisch. Solche Assets können zur Netzstabilität beitragen, indem sie Übertragungsnetzbetreibern wie Swissgrid Netzdienstleistungen anbieten. Im Sommer 2024 übernahm Alpiq eines der grössten BESS-Projekte in Finnland: eine 30-Megawatt-Batterie, die sich derzeit im Bau befindet und Mitte 2025 in Betrieb gehen wird. Zudem betreiben wir eine Pooling-Plattform für Batteriespeicher in der Schweiz, die es ermöglicht, Batterien in die Systemdienstleistungsmärkte zu integrieren. Wir gehen davon aus, diese Dienstleistungen auch international ausbauen zu können. 

Alpiq setzt auf enge Partnerschaften, um Synergien zu nutzen und Know-how zu bündeln. «Die Energiewende erfordert Flexibilität, um die gestiegenen Kapazitäten im Bereich Wind- und Solarenergie zu integrieren», so Lukas Gresnigt, Leiter International bei Alpiq und Mitglied der Geschäftsleitung. «Wir können diese Integration unterstützen, indem wir unsere Expertise im Bereich flexible Erzeugung und Speicherung von Energie mit zusätzlichen Investitionen kombinieren.»