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Wie H2 das strategische Portfolio von Alpiq ergänzt

28.03.2025, 07:00 | Markt

Mit der Übernahme der Mehrheit an der finnischen Wasserstoff-Pionierin P2X Solutions im April 2024 hat Alpiq ihre Position in den nordischen Ländern gestärkt und sich als eines der führenden Unternehmen in Europa in der Produktion von grünem Wasserstoff positioniert.

Mit der offiziellen Eröffnung der P2X Solutions Produktionsstätte im finnischen Harjavalta am 26. März 2025 konnte jetzt ein bedeutender Meilenstein erreicht werden. Mitte Februar bereits wurde dort die Produktion von grünem Wasserstoff erfolgreich aufgenommen. Es handelt sich um den ersten kommerziellen Betrieb einer derartigen Produktionsanlage in Finnland. Die Elektrolyseanlage mit einer Gesamtleistung von 20 MW ist derzeit eine der grössten ihrer Art in Europa.

Auch in der Schweiz zählt Alpiq zu den Vorreiterinnen im Wasserstoff-Bereich: Seit 2020 ist Alpiq – in Kooperation mit H2 Energy und Linde – an der Hydrospider AG beteiligt, die die Produktion, Beschaffung und Logistik von grünem Wasserstoff aus C02-freier Produktion sichert.  

Im nachfolgenden Interview erläutern Ralph Dassonville, Head Hydrogen Development bei Alpiq, und Nicolas Crettenand, CEO von Hydrospider, die strategischen Wasserstoff-Aktivitäten von Alpiq und Hydrospider und zeigen die Rolle von Wasserstoff (H2) als Treiber der Energiewende auf.

Ralph Dassonville, die erste Produktionsanlage für grünen Wasserstoff von P2X Solutions im finnischen Harjavalta, die nun offiziell eingeweiht wurde, hat Mitte Februar 2025 den kommerziellen Betrieb aufgenommen. Was bedeutet das für Alpiq und P2X Solutions?

Ralph Dassonville: Für P2X Solutions wie auch für Alpiq ist dies ein bedeutender Schritt. Der Start der Produktion setzt ein wichtiges Zeichen für den Markthochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft, nicht nur in Finnland, sondern in ganz Europa. P2X Solutions konnte hier seine Pionierrolle unterstreichen. Für Alpiq, das im vergangenen Jahr im April 2024 eine Mehrheitsbeteiligung an P2X Solutions erworben und damit seine Wasserstoff-Aktivitäten ausgeweitet hat, ist die Inbetriebnahme der Anlage ebenfalls ein Meilenstein. Für Alpiq ist es ein Schritt nach vorne, die Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaften zu unterstützen und fossile Brennstoffe durch kohlenstofffreie Alternativen zu ersetzen.

Wie passen die Wasserstoff-Aktivitäten von P2X Solutions zu Alpiq?

Ralph Dassonville: Mit P2X Solutions erhält Alpiq eine Plattform für die Produktion von grünem Wasserstoff und Power-to-X Projekten in den nordischen Ländern. Zudem ergeben sich Synergien mit den kommerziellen Aktivitäten von Alpiq in den Bereichen Origination, bei Langzeitstromverträgen, PPAs und im Trading sowie mit der eigenen Projektpipeline von Alpiq im Bereich Wasserstoff in der Schweiz wie auch in Frankreich, Spanien und Italien.  
Wir arbeiten bei Alpiq auch daran, die Wettbewerbsfähigkeit der grünen Wasserstoffproduktion für unsere Kunden zu verbessern. Dafür bringen wir unsere langjährige Erfahrung im flexiblen Anlagenmanagement ein, um den Nutzen aus wetterabhängiger Produktion von erneuerbaren Energien zu maximieren.

Welchen Beitrag kann Wasserstoff generell für die Transformation des Energiesystems leisten und wie dringend braucht es H2 wirklich?

Ralph Dassonville: Grüner Wasserstoff, der aus grünem Strom erzeugt wird, wird eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung von Sektoren spielen, in denen die Elektrifizierung allein nicht ausreicht, um die Emissionen zu reduzieren, und er wird den Ersatz fossiler Brennstoffe unterstützen.

Wasserstoff ist ein zentrales Bindeglied. Es wird überall die Sektorkopplung, also die Verbindung der Sektoren Strom, Gas, Wärme und Verkehr über Energiespeicher und Energiewandler, ermöglichen.

Nicolas Crettenand, CEO von Hydrospider

Welche Sektoren sind dies vor allem?

Ralph Dassonville: Dazu gehören Schwerindustriebereiche wie die chemische Industrie und die Stahlindustrie sowie generell Prozesse, welche sehr hohe Temperaturen erfordern. Wasserstoff und seine Derivate werden auch eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs übernehmen, etwa bei Langstrecken-LKW und Schiffen. Ausserdem kann Wasserstoff dem Energiesystem die für das Gelingen der Energiewende dringend benötigte Flexibilität bieten, vor allem, wenn es um die Integration erneuerbarer Energien und das Speichern von überschüssigem Wind- und Solarstrom geht. Der Schlüssel dazu ist die Entwicklung einer Wasserstoffinfrastruktur, die leistungsfähige Elektrolyseure mit einem europaweiten H2-Netz von Pipelines und grossen Speicherkapazitäten kombiniert.  

Nicolas Crettenand: Wasserstoff ist ein zentrales Bindeglied. Es wird überall die Sektorkopplung, also die Verbindung der Sektoren Strom, Gas, Wärme und Verkehr über Energiespeicher und Energiewandler, ermöglichen. Ausmass und Anwendungen werden letztlich länderspezifisch sein. Es wird zukünftig auch stark davon abhängen, wieviel Wasserstoff ein Land importieren und selbst produzieren kann.

Was sind aktuell die grössten Herausforderungen für den Markthochlauf?

Ralph Dassonville: Es hat sich gezeigt, dass die Entwicklung des globalen Wasserstoffsektors und der entsprechenden Infrastruktur mehr Zeit als erwartet braucht. Das ist vor allem auf die hohen Strompreise der letzten Jahre und auch auf die teils nicht ganz realistischen nationalen Entwicklungsziele zurückzuführen. Mehr als Zweidrittel der Wasserstoffkosten entfallen auf Strom, deshalb ist dies ein zentraler Punkt. Hinzu kommt die Suche nach verbindlichen Abnahmevereinbarungen, um Investitionsentscheidungen abzusichern. Aber in vielen europäischen Ländern wurden Förderregelungen eingeführt. Diese tragen mittlerweile dazu bei, die Lücke zwischen den Produktionskosten und der Zahlungsbereitschaft der Kunden mehr und mehr zu schliessen. Öffentliche Unterstützung ist sehr wichtig, um die Entwicklung des Wasserstoffmarktes zu fördern, wie es vor 15-20 Jahren bei der Photovoltaik und der Windkraft der Fall war. Wir gehen weiterhin davon aus, dass Wasserstoff in ganz Europa eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung schwer zu elektrifizierender Sektoren spielen wird.

Nicolas Crettenand, das Beispiel von Hydrospider in der Schweiz zeigt, wie Wasserstoff im Mobilitätssektor eine Schlüsselrolle übernehmen kann. Wie sieht das Geschäftsmodell von Hydrospider und dessen Beitrag zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs in der Schweiz aus?

Nicolas Crettenand: Unter Beteiligung von Alpiq hat die Hydrospider AG zusammen mit verschiedenen weiteren Partnern – darunter H2 Energy und Linde – seit 2020 ein schweizweit einzigartiges und skalierbares Ökosystem erfolgreich aufgebaut. Es umfasst die Produktion, Beschaffung und Logistik sowie den Tankstellenbetrieb von grünem Wasserstoff aus CO2-freier Produktion mit erneuerbarer Wasserkraft. Die 2-MW-Elektrolyseanlage beim Alpiq-Laufwasserkraftwerk in Niedergösgen im Kanton Solothurn kann bis zu 300 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Damit sichern wir die Versorgung von 40 bis 50 Wasserstoff-LKW oder 1700 Wasserstoff-Personenwagen. Die Anlage ist Hauptversorgerin der momentan 18 Wasserstofftankstellen in der Schweiz, an denen die Brennstoffzellen-Elektro-Trucks tanken. Diese Wasserstoff-LKW haben bislang bereits mehr als 12 Millionen Kilometer absolviert und damit mehr als 9’000 Tonnen CO2 eingespart.  

Ralph, wie sieht Alpiq die weitere Entwicklung der ersten Wasserstoff-Produktion in Finnland?

Ralph Dassonville: Neben der jetzt in Betrieb genommenen Anlage in Harjavalta strebt P2X Solutions eine schrittweise Steigerung der Wasserstoffproduktion an. Dafür ist im Osten Finnlands, in Joensuu, eine 40 MW-Anlage geplant. Eine weitere Anlage mit 100 MW soll in Oulu im Norden des Landes entstehen. Im Rahmen der beiden Projekte wird grüner Wasserstoff erzeugt, der in Verbindung mit CO2 biogenen Ursprungs zur Herstellung von synthetischem Methanol (eMethanol) dient.
Wir gehen davon aus, dass Wasserstoff gerade in den nordischen Ländern eine Schlüsselrolle bei der Herstellung von synthetischen Kraftstoffen, so genannter eFuels, wie eMethanol und Sustainable Aviation Fuel, eSAF, spielen wird. Kürzlich hat P2X Solutions von der EU einen Investitionszuschuss in Höhe von 60 Millionen Euro für das Projekt in Joensuu erhalten. Diese Förderung ist ein wichtiger Schritt zur endgültigen Investitionsentscheidung für diese neue Produktionsstätte.  

Nicolas, Ende des vergangenen Jahres 2024 hat der Bundesrat die nationale Wasserstoff-Strategie für die Schweiz vorgelegt. Was bedeutet diese für den H2-Markt hierzulande und Akteure wie Hydrospider?

Nicolas Crettenand: Wir begrüssen die Strategie und ihre Hauptziele. Erfreulich ist insbesondere, dass der Einsatz von Wasserstoff für die Mobilität - und hier vor allem für den Schwerlastverkehr - anerkannt wird. Die vorgeschlagenen Massnahmen zur Anbindung an den europäischen H2-Markt sind ebenfalls konkret und zielstrebig. Hingegen fehlt es besonders bei der konkreten Umsetzung an Massnahmen ab 2030, um den Markthochlauf in der Schweiz zu unterstützen. Die schweizerische Wasserstoffstrategie ist weniger konkret als diejenige mehrerer europäischer Nachbarländer, in denen bereits quantitative Ziele festgelegt und Finanzierungsprogramme eingeführt wurden.
 
Worauf kommt es bei der Umsetzung der Strategie in der Schweiz besonders an?

Nicolas Crettenand: Die Strategie geht in die richtige Richtung, schafft aber noch nicht die nötigen Rahmenbedingungen, insbesondere für den inländischen Markthochlauf. Für die Förderung der Produktion und Nachfrage sind nur wenige Massnahmen vorgesehen, die über die bisherige Förderung bis 2030 oder die Harmonisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Energieplanung zwischen den Kantonen hinausgehen. So sind Batterie- und H2-LKW heute von der Schwerverkehrsabgabe, kurz LSVA, befreit, was den Markthochlauf fördert. Leider ist in der Strategie nichts zur Weiterführung der LSVA-Befreiung ab 2031 enthalten. Hier braucht es möglichst rasch Klarheit, damit der Schweizer H2-Mobilitätssektor, der einer der grössten in Europa ist, wettbewerbsfähig bleibt und sich weiterentwickeln kann.

H2 kann dem Energiesystem die für das Gelingen der Energiewende dringend benötigte Flexibilität bieten - vor allem, wenn es um die Integration erneuerbarer Energien und das Speichern von überschüssigem Wind- und Solarstrom geht.

Ralph Dassonville, Head Hydrogen Development bei Alpiq

Nachdem wir von Euch einiges über die H2-Aktivitäten von P2X Solutions und Hydrospider erfahren haben. Welcher Ansatz ist vielversprechender?

Ralph Dassonville: Beide zielen darauf ab, grünen Wasserstoff zu produzieren, um die Energiewende zu unterstützen. P2X hat sich vor allem zum Ziel gesetzt, grosse Elektrolyseure zu entwickeln, um insbesondere die Schwerindustrie in den nordischen Ländern zu dekarbonisieren und eFuels für den europäischen Markt zu produzieren. 
Nicolas Crettenand: Beide Ansätze haben Potenzial und ihre jeweilige Zielgruppe. Auch Hydrospider unterstützt die Energiewende. Unser Fokus liegt auf der Produktion und Logistik von grünem Wasserstoff, um den Schweizer Wasserstoffmobilitätssektor und lokale Wasserstoffverbraucher zu bedienen.